Was, wenn der innere Kritiker eigentlich aus Liebe handelt?
Wenn wir Persönlichkeitsentwicklung, Coaching oder Therapie machen um uns zu verbessern, optimieren oder zu heilen, dann liegt darunter oft das Urteil über uns, dass wir so, wie wir sind, nicht gut genug sind. Wir wollen dann weg von unseremSo-Sein, wollen hin zu einem "besseren" Ich-Sein. Wir lehnen dann etwas in uns ab, gehen aus der Verbindung raus, statt in VerbundenSein mit uns zu bleiben und daraus etwas zu verändern.
Akzeptanz und Selbstannahme schaffen einen fruchtbaren Boden für Wachstum, der unser ganzes Wesen mit einbezieht
Es spricht auch gar nichts dagegen wachsen zu wollen, in seine Größe kommen zu wollen, verwundete Anteil ein sich integrieren zu wollen. Aber kommen wir dabei von der Ablehnung des Status-quo, oder können wir uns Annehmen, wie wir sind (inklusive der des Annehmens davon, dass es vielleicht nicht klappt, wirklich alles an uns anzunehmen) – oder verurteilen wir wie wir sind und wollen endlich besser, schöner, heiler werden?
Ablehnung schafft Enge, schließt Räume, führt vielleicht dazu, dass wir Dinge unterdrücken, weil sie nicht in das Bild passen, wie wir sein sollten, um geheilt oder voll und ganz in unserer Größe zu sein. Sich annehmen, vielleicht gepaart mit einer nüchternen Anerkennung der Realität, wie manches gerade ist, ohne es zu verurteilen, das schafft Raum um wirklich zu verändern, ohne das etwas weggemacht werden muss.
Gesunde Grenzen setzten wir aus einer liebevollen Bewertung von Umständen und Beziehungsmustern heraus
Das Gleiche gilt auch fürBeziehungen, für Partnerschaft, aber auch für die Beziehung mit Kindern, ElternFreunden. Es ist wichtig genau hinzuschauen, für sich auch eine Beurteilung zu finden, ob sich bestimmte Beziehungsmuster oder Beziehungen gut anfühlt oder nicht so gut. Aber was, wenn wir dabei nicht VERurteilen würden, etwas nichtschlecht oder „böse“ machen müssten. Wenn wir bei uns und bei anderen davon ausgehen, dass nichts innewohnend schlecht ist, alles seinen Grund hat, können wir gesunde Grenzen setzen und zugleich offen bleiben.
Erste Wendepunkte in derPersönlichkeitsentwicklung entstehen oft mit Einsichten. Wenn wir etwa erkennen, dass unsere kritische innere Stimme, für die wir nie gut genug sind, die uns immer antreibt eigentlich etwas mit Scham zu tun hat, dann kreiert dasein Innehalten. Und wenn wir im nächsten Schritt erkennen, dass die für uns oft sehr unangenehme Stimme der inneren Kritik eigentlich unserem Schutz dient, dann entsteht Verständnis. Dies öffnet einen Raum der Neugierde für uns und möglicherweise des Mitgefühls zu uns selber.
Der innere Kritiker handelt aus seiner Warte zu unserem besten
Das Verstehen diesesZusammenhangs schafft Erleichterung, es erklärt Dinge und es hilft auch zusehen, dass der innere Kritiker, der uns klein macht, einen guten Grund hat dies zu tun, es ursprünglich aus Liebe tat. Sehr oft dient die Stimme des inneren Kritikers nämlich dazu, dass wir uns optimieren, dass wir unser Bestes geben, damit wir ja niemandem die Chance geben uns zu kritisieren. Lieber übernimmt der Kritiker die Kritik intern, als dass wir von außen kritisiert werden und dann jemand anderer in uns das Gefühl der Scham auslöst. Lieber bleibt das ganze sozusagen hausintern, wir beschämen uns selber, machen uns klein, aber das ist immer noch sicherer als zu riskieren, dass irgendetwas unkontrollierbares von außen kommt.
Einsicht ohne Fühlen der Ursachen und liebevoll achtsame Veränderung von Verhaltens- und Denkmustern wird immer nur an derOberfläche bleiben
Hier also hilft Verstehen. Wir müssen dann den Kritiker nicht bekämpfen, sondern können ihn erstmal anerkennen für seinen Versuch uns zu schützen. Und dann können wir schauen, wie wir aus den inneren Kritikerschlaufen aussteigen können. Dann allerdings reicht das Verstehen alleine nicht aus. Es bedarf des Achtsamen Hinspürens, des sich und seinen Kritiker bessern Kennenlernens und vielleicht auch Veränderungen bestimmter Verhaltensmuster, um auf liebevolle Weise weiter zu wachsen.