31.1.2024

Freude und Dankbarkeit – positive Gefühle stärken

Natürlich wollen wir Gefühle wie Freude und Dankbarkeit fühlen, denn sie stärken uns, verbinden uns mit dem Leben und anderen Menschen und sind eine wunderbare Ressource, die wir in uns tragen.

Und doch geht unser Fokus nicht automatisch auf diese Gefühle. Die Voreinstellung unseres Gehirns nämlich entspricht dem sogenannten Negativity Bias, oder Negativitätseffekt. Das bedeutet, dass alle negativen Erfahrungen  sich bei uns nachhaltiger einprägen als positive. Unsere Aufmerksamkeit ist wachsamer für negative und potentiell gefährliche Ereignisse, als für schöne Erfahrungen. Das hat entwicklungsgeschichtlich den guten Grund, dass uns diese Ausrichtung geholfen hat zu überleben, uns zu merken, was gefährlich ist, wo Gefahren auf uns lauern und wie wir solche erkennen und möglichst vermeiden können.

 

Heute brauchen wir diesen Negativitätseffekt nicht mehr zum gleichen Grad und doch ist er noch in unserem Stammhirn verankert und wird unter anderem auch durch Stress bestärkt und aktiviert. Gleichzeitig hat dieser Fokus auch heute noch etwas Gutes: Wenn wir uns einmal die Finger an einer Herdplatte verbrannt haben, dann werden wir uns das gemerkt haben und es wird uns wahrscheinlich kein zweites Mal passieren.

Der Fokus auf Negatives ist auch Teil unserer Überlebensmuster und Schutzmechanismen

 

Diese Voreingenommenheit für Negatives ist auch Teil unserer Überlebensmuster und unserer Schutzmechanismen, die wir aufgrund früher negativer Erfahrungen entwickelt haben. Der innere Kritiker beispielsweise hat Adleraugen, was Fehler oder kleine Mängel anbelangt und kann gnadenlos darin sein, uns darauf aufmerksam zu machen. Vereinfacht gesagt ist es unter anderem das Ziel des inneren Kritikers uns dazu anzutreiben so gut wie möglich zu sein, um uns die Anerkennung im Außen zu sichern und somit unser Überleben. Zusätzlich will der innere Kritiker vermeiden, dass durch Ablehnung oder Kritik von außen das innere Kind in uns getriggert wird, das den Schmerz trägt sich nicht genug, mangelhaft oder ungewollt zu fühlen.

 

Sowohl in unserer Frühgeschichte, als wir noch in Höhlen lebten, als auch in unserer Kindheit ist es so, dass unser Überleben von anderen abhängt. Damals war es die Sippe, der Zusammenhalt, der uns hat überleben lassen, weil wir uns so genügend Schutz geben konnten. Als Babys und Kinder ist es die Tatsache, dass wir ohne erwachsene Bezugspersonen nicht überleben könnten. Das ist auch der Grund dafür, warum sich negative Erfahrungen aus unserer ganz frühen Zeit so tief einprägen und unser System alles mobilisiert, um zu überleben – denn sie sind existentiell. Als Erwachsene sind uns manche der Überlebensmuster von damals dann im Weg, wenn wir uns etwa nicht trauen endlich den Vortrag zu halten, den wir doch so gerne halten würden, um eine Gehaltserhöhung zu bitten oder in einer Beziehung für unsere Bedürfnisse einzustehen.

 

Schlussendlich blicken wir in solchen Momenten durch dieAugen des Kindes, das wir einmal waren. Damit verbunden ist das unbewusste Gefühl, dass Ablehnung lebensbedrohlich ist. In solchen Momenten wird unser Nervensystem aktiviert in den Kampf-, Flucht-, Totstell- oder Anpassungsmodus zu schalten. Oft ist das mit dem Gefühl verbunden, dass wir unsere Reaktion nicht wirklich steuern können, dass wir uns wie ferngesteuert fühlen. Danach blickt man oft zurück und wundert sich was eigentlich los war oder man kritisiert sich dafür, dass man mal wieder nicht geschafft hat anders zu handeln. Nun haben wir zum Glück als Erwachsene die unterschiedlichsten Wege, uns um diese inneren Anteile zu kümmern, um mehr und mehr vom Herzensplatz unseres Erwachsenseins zu kommen.

Es bedarf der bewussten Entscheidung, die Aufmerksamkeit auf Gefühle wie Dankbarkeit und Freude zu richten

Und hiermit komme ich nun auch zu den beiden anfänglich genannten Gefühlen der Dankbarkeit und Freude. Diese Gefühle helfen uns dabei, unseren erwachsenen Herzensplatz zu fühlen und offene Neugierde für all unsereGefühle zu entwickeln. Freude und Dankbarkeit stärken unser System. Wenn Heilung bedeutet sich auch den schmerzlichen Gefühlen zuzuwenden, um sie liebevoll zu integrieren, dann bedarf es eines soliden Bodens, von dem aus wir uns diesen Gefühlen zuwenden. Die Regulation unseres Nervensystems und die Kultivierung von Gefühlen wie Dankbarkeit, Freude und auch Liebe helfen uns dabei, diesen stabilen Boden zu schaffen.

 

Da der Negativitätseffekt unser Gehirn darauf polt erstmal Negatives wahrzunehmen, braucht es der bewussten Entscheidung sich Dingen zuzuwenden, für die wir Dankbarkeit und/oder Freude empfinden. Das wichtige dabei ist, dass wir Dankbarkeit und Freude nicht nur denken, sondern wirklich fühlen. Je nach dem, was für Erfahrungen unser Leben geprägt haben, kann es manchmal herausfordernd sein, eine Erinnerung an etwas zu finden, die uns freut oder für die wir dankbar sind. Dann dürfen wir auch nach ganz kleinen Erinnerungen und Erfahrungen Ausschau halten, uns an das kleine Blümchen erinnern, dass sich durch einen Spalt im Asphalt drängt und uns mit seinem strahlenden Gelb anlächelt.

Nimm dir gerne einen Moment Zeit, um für dich zu erforschen und erfühlen, wie sich Freude und Dankbarkeit für dich anfühlen: 

Wie fühlt sich Freude für dich an?
Welche Empfindungen hast du dabei in deinem Körper?
Wo nimmst du Freude oder Dankbarkeit wahr?
Wie fühlt sich dein Herzraum beim Gefühl der Freude an?
Welche Farbe haben Freude und Dankbarkeit für dich?

 

Freude und Dankbarkeit sind ein stabiler Boden für dein Wachstum

Eine sehr zentrierende und beruhigende Art und Weise, um dich für Gefühle von Dankbarkeit und Freude zu öffnen ist die herzenszentrierte Atmung, wie sie das HeartMath Institute erforscht hat. Dabei stellst du dir vor, dein Atem würde durch dein Herz ein und Ausströmen. Das mag anfänglich eigenartig klingen, aber alleine der Gedanke, du würdest durch dein Herz atmen, verändert etwas und stärkt dein ganzes System. Unten findest du eine kleine geführte Meditation, die dich dazu einlädt durch dein Herz zu atmen und das Gefühl von Freude oder Dankbarkeit in dir zu etablieren. Ich wünsche dir ganz viel Freude damit!