31.7.2022

Wie Dankbarkeit und Selbstermächtigung zusammenhängen

Wir haben eine unglaublich große innewohnende Kraft, nämlich die Fähigkeit uns zu entscheiden, worauf wir unseren Fokus legen. Entscheiden wir uns das zu sehen, was wir gut können, was an Schönem in unserem Leben ist, egal wie klein es sein mag oder gehen wir mit der automatischen Einstellung unseres Gehirns und richten den Fokus auf das was fehlt, auf den Mangel, auf das, wo wir nicht gut genug sind?

Es geht in diesem Artikel ganz sicher nicht darum, unangenehme oder schmerzliche Gefühle zu vermeiden, denn aus meiner Warte gibt es keine per se negativen Gefühle, nur angenehme und weniger angenehme. Jedes Gefühl will von uns gefühlt werden und wenn es fließen darf, dann schwillt es vielleicht kurz an, verebbt dann aber wieder und wir gehen über in einen Zustand mit angenehmeren Gefühlen. Im Fluss zu sein, bedeutet die Wellen unserer Gefühlswelt reiten zu können, mitgehen zu können ohne dass sich etwas anstauen muss, etwas verdrängt wird und dann Überhand nehmen muss.

Die Entscheidung, deinenFokus bewusst auf etwas positives zu lenken ist eine selbstermächtigende Tat

Aber manchmal ist uns ein unangenehmes Gefühl zur Gewohnheit geworden, identifizieren wir uns damit oder wir haben viele negativ gefärbte Gedanken. Dann sehen wir all das, was nicht stimmt, vergleichen uns mit anderen auf eine Weise, bei der wir selber nicht gut abschneiden oder sehen in unserem Partner oder unserer Partnerin nur das, was er oder sie alles nicht ist. Das kann dann manchmal dazu führen, dass wir in Beschwerdetiraden verfallen, entweder Freunden, oder unserem Partner gegenüber oder still und leise als Dauerschlaufe in unserem Kopf. Und das ist konterproduktiv, das versetzt uns in einen Dauerstress und Modus der Unzufriedenheit, der sich ziemlich breit machen kann in uns. Ein solches inneres Beschwerdelaufwerk hat auch nichts mit fühlen zu tun, es ist eher ein Gedanken- oder Wortgetöse, das die vielleicht stilleren Gefühlsfrequenzen von Schmerz, Enttäuschung oder Angst übertönt und uns davon abschneidet.

Dankbarkeit ist wie Wärme, die das Herz durchströmt und ein lebendig kribbelndes Gefühl der Freude

An dieser Stelle ist die bewusste Entscheidung den Fokus zu wechseln unser selbstermächtigter Schritt aus einer inneren Misere-Schlaufe heraus. Wenn es mit dem Fokuswechsel auf etwas, worüber wir uns freuen, oder wofür wir dankbar sind nicht darum geht, ein unangenehmes oder nicht gewolltes Gefühl zu unterdrücken, sondern negative Gedankenschlaufen zu unterbrechen, dann schaffen wir damit schrittweise Selbstliebe und Selbstakzeptanz. Der Fokus auf unser Herz, dieses uns wärmend durchströmende oder freudig kribbelnde Gefühl der Dankbarkeit, Freude oder Wertschätzung kreiert dann ein UND, setzt einen positiven Impuls zu den negativen Gedankenimpulsen. Unser Herzensraum für uns selber wird größer und wir können in Beziehung gehen mit dem vielleicht schmerzlichen Gefühl, können für uns selber Mitgefühl und Liebe empfinden, wenn das im Moment gerade ansteht.

Unser Gehirn hat noch aus der Frühzeit der Menschheit die Einstellung den Fokus auf mögliche Gefahren zu legen. Man spricht auch von einem „negativity Bias“, also einer Art Voreinstellung mit extra Aufmerksamkeit auf alles, was negativ ist, was uns zur Gefahr werden könnte, wo etwas fehlt, etc. Der Motor für diese Einstellung ist unser Überleben und dafür auch unglaublich wichtig. Aber vor allem in Zeiten, in denen kein Säbelzahntiger an jeder Ecke lauert, und ein nicht ganz voller Kühlschrank auch nicht unser sofortiges Ende bedeutet, wirkt sich diese Ausrichtung des Gehirns auf negative Umstände auf unser Nervensystem stressverursachend aus. Und das wiederum ist unserer allgemeinen Gesundheit, unseren Selbstheilungskräften und unserem Immunsystem abträglich.

Es liegt in unserer Hand den Fokus zu wechseln und zu entscheiden, wann ein unangenehmes oder schmerzliches Gefühl voller Mitgefühl zu fühlen ist und wann es dran ist aus einer negativen Gedankenschlaufe bewusst auszusteigen

Und hier kommt die selbstermächtigende Tatsache ins Spiel, dass wir tatsächlich entscheiden können, unseren Fokus bewusst auf positive Dinge zu richten. Und ja, das können wir auch in schwierigen Zeiten. Wie alles, was noch keine Gewohnheit ist, bedarf es hier allerdings der Übung und Wiederholung. Je mehr wir das tun, umso mehr kommen wir in einen inneren Ausgleich zwischen Dingen die gut sind, die wir schätzen, für die wir dankbar sind und dem, wo etwas fehlt, wo wir etwas verändern wollen, wo uns etwas stört. Wenn wir in diesem Ausgleich sind, wenn wir all die Dinge, für die wir dankbar sind, sozusagen als Ressource in uns haben, die uns Kraft geben, dann erlaubt uns das auch mit dem was wir nicht mögen, oder wo uns etwas fehlt, anders umzugehen und kreativere Lösungen zu finden.

Da wir Menschen komplexe Wesen sind, wird selbst eine regelmäßige Dankbarkeitsübung nicht automatisch alle Probleme im Leben lösen, aber ganz sicher, wird sie eine bessere Grundlage schaffen, wird es mehr Momente geben, in denen uns dankbare Herzenswärme durchströmt, wir tiefe Freude empfinden oder einfach nur froh darüber sind, dass es uns gibt. Und manchmal können wir es auch alleine nicht schaffen, den Fokus zu ändern. Wenn dem so ist, dann gibt es gute Gründe dafür und dann ist es wichtig, sich Hilfe von außen zu holen.

Mit jedem Moment bewusster Dankbarkeit, Wertschätzung und Freude nehmen wir unser Leben in Besitz.

Es gibt noch ein weiteres Geschenk, dass die Dankbarkeit und Wertschätzung für uns bereit hält. Dankbarkeit empfinden und auch ausdrücken, ist nicht per se nur für den anderen gedacht, sondern eben auch für uns selber. Mit einem „Danke“ lassen wir natürlich den anderen wissen, dass wir uns über etwas freuen, dass wir etwas wertschätzen. Hinzu kommt dann aber noch, dass wir mit dem Dank das tatsächlich annehmen, reinlassen, was wir bekommen haben oder was in unserem Leben ist. Mit Dankbarkeit öffnen wir die Türen unseres Herzens weit nach innen und lassen all das Gute zu uns herein, lassen uns durchströmen von Freude und Dankbarkeit und laden damit unser ganzes System auf. Mit jedem Moment bewusster Dankbarkeit, Wertschätzung und Freude nehmen wir unser Leben in Besitz.


Konkrete Schritte, um Dankbarkeit und Freude zu kultivieren

Um deinen Fokus bewusst auf die positiven Dinge deines Lebens zu richten und  mehr Raum für Dankbarkeit und Freude zu schaffen, kannst du folgendes tun:

1.    Die bewusste Entscheidung, den Fokus auf positive Dinge zu richten. Um diese Entscheidung umzusetzen, kannst du dir Einträge in deinem Kalender machen, wann du dir Zeit dafür nehmen möchtest, du kannst dich mit einem Freund, einer Freundin verabreden, für 21 Tage jeden Tag um eine bestimmte Uhrzeit 10 Minuten der Dankbarkeit und Freude zu widmen und ihr könnt euch darüber austauschen. Du kannst dir auch Post-its in der Wohnung aufhängen, die dich daran erinnern, oder was auch immer dir dabei hilft, dich an deine Entscheidung zu erinnern.

2.    Ein Dankbarkeitstagebuch, in das wir morgens oder Abends ein oder zwei Dinge reinschreiben, für die wir dankbar sind oder die uns gefreut haben. Durch das Aufschreiben bekommen diese Dinge noch mehr Gewicht und Realität. Ein weiterer Schritt ist es dann, die Hände auf das Herz zu legen und einen Moment zu fühlen, wie sich die Freude oder Dankbarkeit bei dem Gedanken an das, was wir aufgeschrieben haben anfühlt.

3.    Eine Art Dankbarkeits- oder Herzensmeditation, inspiriert von Heartmath Institute und auch Dawson Church: Es geht darum Gefühle von Dankbarkeit und Freude bewusst in dir zu erwecken:
a) Setze dich gemütlich hin, spüre deine Füße und Hände und richte dann deinen Fokus auf deinen Atem.
b) Stell dir vor, dein Atem würde durch dein Herz, die Mitte deiner Brust in dich einströmen und du würdest auch durch dein Herz wieder ausatmen. Verlangsame deinen Atem ein klein wenig, so dass er ruhig und möglichst regelmäßig durch deine Nase ein und durch Nase oder Mund wieder ausströmt.
c) Lege gerne deine Hände über dein Herz, beziehungsweise dein Herzchakra und spüre, wie sich deine Hände dort anfühlen. Vielleicht entsteht da eine Wärme, du spürst das Gewicht der Hände sanft auf deinem Brustbein, oder was auch immer du fühlen magst.
d) Denke an etwas, wofür du in deinem Leben sehr dankbar warst, was du vonHerzen gewertschätzt hast, worüber du dich sehr gefreut hast. Es ist ganz egal aus welcher Phase deines Lebens diese Erinnerung stammt. Denke daran, male dir dieseSituation aus, vielleicht erinnerst du dich auch an einen Geruch, an das Licht von damals und achte darauf, wie dich bei der Erinnerung ein Gefühl der Freude,Wertschätzung oder Dankbarkeit in deinem Herzen durchströmt. Vielleicht ist da das Gefühl von Wärme, das dich durchströmt oder du hast plötzlich das Bild eines goldenen Lichtes in deinem Herzraum vor Augen. Vielleicht durchflutet dich auch lebendige Fröhlichkeit und Freude, das Gefühl, als würde dein Herz hüpfen vorFreude. Was auch immer es für dich ist, fühle es und erlaube dir, dieses Gefühl noch größer werden zu lassen, es auszubreiten. Wenn du magst, kannst du dir vorstellen, wie dieses Gefühl deinen ganzen Körper durchströmt, dich ganz ausfüllt und dann über dich hinausgeht, den Raum um dich erfüllt, dann das Haus in dem du lebst, den Ort, die Stadt, das Land bis es in deiner Vorstellung die ganze Erde erfasst.
e) Hole dann diese Energie, diese Gefühl wieder ganz in dich hinein, hole es zu dir und spüre es noch einmal bewusst und wer weiß, vielleicht hast du bei dieser Übung sogar leise gelächelt. Spüre noch Mal deinen Atem

4.    Du kannst dich JETZT gerade fragen, wofür du dankbar bist, worüber du dich freust.Es kann etwas ganz Winziges, scheinbar belangloses sein: die ersten Strahlender Sonne; eine schöne Wolke; die Wärme der Tasse Tee in deiner Hand; dass du heute ausschlafen kannst; eine Blume; dass dein Partner dir liebevoll gutenMorgen gesagt hat …

Gefühle derDankbarkeit und Freude haben eine hohe Frequenz und stecken damit sozusagen unser ganzesSystem an und stärken es dadurch, bis hin zu unserem Immunsystem. Und dasLächeln, das uns die Freude oder Dankbarkeit aufs Gesicht zaubert wirkt sich körperlich und energetisch auch wieder auf unser ganzes System aus, aktiviert Meridiane, schüttet bestimmte Neurotransmitter aus – und wer weiß, vielleicht steckst du sogar jemanden mit deinem Lächeln an.  

Zum Schluss möchte ich noch Mal an das Thema der Selbstermächtigung anknüpfen. Wenn du für dich eine der Dankbarkeitsübungen ausprobierst, wenn du bewusst in manchen Miesepeter-Momentenden Fokus gewechselt hast, dann wirst du gespürt haben, dass du durch deineEntscheidung und die Ausrichtung deiner Aufmerksamkeit und den Fokus auf dein Herz deine Gefühle verändert hast und das ist zutiefst selbstermächtigend.

Tipps zum Weiterlesen für Neugierige:

!!! Einen ganz besonders schönen Hinweis und ein wunderschönes Zitat gibt es ganz am Ende, also bitte auf jeden Fall bis dahin scrollen.

Über dieZusammenhänge und Kommunikation zwischen Herz und Gehirn, wie auch weiterführende Hinweise auf Übungen, um in ein inneres Gleichgewicht, einen Gleichklang von Herz und Gehirn zu kommen:

https://www.heartmath.org/articles-of-the-heart/personal-development/an-appreciative-heart-is-good-medicine/

https://www.heartmath.org/articles-of-the-heart/appreciation-in-awe/

Podcast Deborah Rozman with Gregg Braden, hier geht es um verschiedene Schwingungsfrequnzen desGehirns und am Ende gibt es eine schöne Dankbarkeitsmeditation: https://www.heartmath.com/add_heart_call/gratitude-welcome-to-the-brains-feel-good-reward-center/

Und hier noch ein deutscher Artikel zu dem Thema: https://haus-des-heilens.news/wie-dankbarkeit-das-menschliche-herz-die-molekulare-struktur-des-gehirns-veraendert/

Mehr zum “negativitybias” unseres Gehirns: https://www.verywellmind.com/negative-bias-4589618

Gute Erklärung für Jugendliche, aber auch Erwachsene über das Verhältnis positiver und negativerGedanken im Gehirn und wie sich dieses Verhältnis ändern lässt, findet sich auch in einem Abschnitt von Andreas Krügers Buch „Powerbook. Erste Hilfe für die Seele. Trauma-Selbsthilfe für junge Menschen.“ Dieses Buch und auchBand 2 dazu empfehle ich für alle, die sich mit dem Thema Trauma auseinandersetzen möchten. Ganz hervorragend beschreibt Andreas Krüger dieVorgänge im Gehirn, die Traumata in uns auslösen. Zudem gibt er sehr gute und klare Hinweise, mit welchen Schritten wir uns achtsam aus Traumata heraus bewegen können, wie innere Anteile damit zusammenhängen und vieles mehr. https://elbekruegerverlag.de/produkt/powerbook-l/ und https://elbekruegerverlag.de/produkt/powerbook-erste-hilfe-fuer-die-seele-2/

Wunderschön, zum Thema Dankbarkeit, Wertschätzung, Natur, das Buch "Geflochtenes Süßgras – Die Weisheit der Pflanzen", von Robin Wall Kimmerer. Die Autorin verknüpft das alte, indigene Wissen um Pflanzen mit botanischem Wissen. Voller Poesie beschreibt sie das Zusammenspiel von Natur und Mensch und wie wichtig dabei Dankbarkeit ist. Wunderschön sind die Danksagungen des Stammes der Onongada, die Kimmerer in einem der Kapitel zitiert. Ein wirklich inspirierendes und berührendes Buch.
„Wir sind überall umgeben von Bäumen. Die Erde hat viele Baumfamilien, jede mit ihrer eigenen Lehre und ihrem Nutzen. Die einen geben Schutz und Schatten, die anderen Frucht und Schönheit und viele nützliche Gaben. Der Erste unter den Bäumen ist der Ahorn, denn er gibt uns Zucker, wenn die Menschen ihn am meisten brauchen. Viele Völker der Erde erkennen in einem Baum ein Symbol für Frieden und Kraft. Einmütig entrichten wir dem Baumleben Gruß und Dank. Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint. (S. 131)
Der Dank wird weiter ausgesprochen der Sonne, dem Wasser, den Steinen, den Gräsern, dem Getreide und noch so vielem mehr. Und immer endet es mit "einmütig entrichten wir (...) Gruß und Dank. Unsere Gedanken, unsere Herzen sind nun vereint. (S. 131) Und diese Worte sind es, die mich besonders berühren, die Vereinigung aller Herzen und Gedanken im Dank.